Die Sache Altmann

Eben wieder Stefan Zweigs „Die Welt von Gestern“ zur Hand genommen. Dabei unwillkürlich des Schicksals seiner Sekretärin und Ehefrau Charlotte, geborene Altmann, gedacht, die, wie es heißt, ihrem Gatten im Jahre 1942 abschiedslos in den sogenannten Freitod gefolgt ist. Der Schatten, den die Angelegenheit über die Personalie Zweig wirft, wird üblicherweise den Nazis angelastet. Doch die Diskrepanz zwischen dem moralischen Anspruch eines sich politisch begreifenden Weltautors und der gelebten Verantwortungslosigkeit eines von der Welt sich gekränkt fühlenden Sechzigjährigen gegenüber einer Frau, die halb so alt war wie er, ist frappierend. Vor allem die Leichtigkeit, mit der die wohlanständige Geisteswelt es in den Jahrzehnten seither geschafft hat, diesen Widerspruch zu integrieren, verblüfft. Nicht einmal einen eigenen deutschen Wikipedia-Artikel scheint das Anhängsel dieser Ikone (Stand 27.09.2025) wert zu sein. Ich jedenfalls komme darüber nicht so einfach hinweg.

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