CHRONOLOGIE
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Zu nicht unwesentlichen Teilen basiert meine ausgesprochene Liebe zu absonderlichen Kreaturen sicherlich auf der täglichen Anschauung dieser ganz besonderen Ahnengalerie an den heimischen Wänden meiner Kindheit.
Aus: Neue Bildergallerie für die Jugend, Band 1, VI. Heft. Gotha: Carl Hellfarth, 1828 (Kupferstich).
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Erst erschienen als scheinbar seriöser Fall der Cephalopodenforschung, wurde die Riesenkrake verdammt ins Reich der Phantasie. In jüngeren Tagen schließlich, o Wunder, kommt heraus: Es gibt sie wirklich, die Riesentintenfische. Was werden wir noch alles herausfinden? – Auch dieses Blatt aus meiner Kollektion stammt aus dem Familienbesitz und hat meine Phantasie von frühester Kindheit an beflügelt.
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Der norwegische Bischof und Naturforscher Erik Pontoppidan veröffentlichte 1752 in The Natural History of Norway erstmals eine halbtheologische, halbzoologische Darstellung der sagenhaften Seeschlange – mit Augenzeugenberichten, Maßangaben und moralischem Kommentar. Um 1839 (Edinburgh) wurde dieses Verdachtswesen der Zoologie in einen musterhaft beschrifteten Kupferstich überführt, als vorläufiges Mitglied der nordatlantischen Meeresfauna – bevor es aus den Handbüchern in die diskretere Rubrik „Seemonster“ und schließlich in mein Panoptikum wechselte.
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Neun winzige Besucher flanieren unter dem gewaltigen Gerippe eines „Great Northern Rorqual“: eine um 1837 in Edinburgh gedruckte Wal-Studie von William Home Lizars, halb Naturkunde, halb Theater – und heute ein kurioses Schaustück zwischen meinen anderen Exponaten.
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Wahrer Entdeckergeist besteht für mich weniger darin, Phantasien zu widerlegen, sondern sie zu ergänzen: Im 17. Jahrhundert riss der Naturforscher Athanasius Kircher die Erde auf wie eine Apfelsine: in der Mitte ein feuriger Motor, darum ein Adergeflecht aus Lava- und Wasserkanälen, das Vulkane, Quellen und Meere verbindet.
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Ordung sei das halbe Leben, und die andere Hälfte auch, hört man immer sagen und brabbelt es genauso lange nach. Aber allmählich beschleicht mich der Verdacht, dass es eine Korrelation geben könnte zwischen dem Bedürfnis nach Ordnunghalten und Brutalität. Beides dient dem subjektiven Bedürfnis nach Sicherheit. Ist Ordnunghalten am Ende nur eine Rechtfertigungsstrategie für brutales Handeln? Ich jedenfalls werde künftig vorsichtiger werden bei Anzeichen von Minimalismus, Symmetriezwang und Ordnungswahn.








